„reflection“ Ausstellung

„reflection“ – Ein Sammelbegriff für Lichtreflexionen, aber auch des Nachdenkens. Mit dem bewussten Ziel, das Alltägliche, an dem wir normalerweise vorbeigehen, einzufangen, haben wir uns mit geschärften Sinnen auf eine Entdeckungsreise durch die Stadt begeben. Dabei haben wir nicht nur viel über Linz, sondern auch über uns selbst gelernt, wie dieser Beitrag zeigt.

Den Einstieg in die analoge Fotografie fanden wir als Gruppe von neun Studierenden im Rahmen eines Photowalks durch die Linzer Innenstadt. Viele von uns wollten schon seit längerem analoge Fotografie ausprobieren, weil uns der verzögerte Prozess und die Bedeutung und Arbeit hinter jedem Bild besonders gereizt hat. Normalerweise sind wir es gewohnt schnelle Ergebnisse im Digitalen zu sehen, hier ist Geduld und Bewusstsein bei jedem Schritt gefragt. Außerdem haben wir die Kontrolle über die Ergebnisse zu einem gewissen Grad abgeben müssen, besonders bei der Mehrfachbelichtung ist das der Fall. Das war auch vordergründig in der Entscheidung bei jenen, die sich für Mehrfachbelichtungen entschieden haben – der Nervenkitzel über die eigenen Resultate.

Passend zum Projektthema „Störung“ stand unsere Tour ganz im Zeichen der Erkundung des urbanen Raumes mit Fokus auf Reflexionen und Mehrfachbelichtungen. Vor allem die alltägliche Umgebung und vertraute Objekte konnten wir so aus einem neuen Blickwinkel erfassen. Diese neue Perspektive haben wir in Form von Spiegelungen und Doppelbelichtungen auf unserem 35mm-Schwarzweißfilm festgehalten und im nächsten Schritt in der Dunkelkammer durch Entwicklung zum Leben erweckt. Vor allem hier haben sich viele von uns nur auf diese Tätigkeit konzentriert und ein anderes Zeitgefühl entwickelt, sozusagen eine meditative Art sich in einem dunklen Raum zurückzuziehen und die digitale Welt für einen kurzen Moment hinter sich zu lassen.

Genau dieses Gefühl wollten wir auch bei den Besucher:innen unserer Ausstellung mit dem Titel „reflection“ erzeugen. Am 11. Februar um 17 Uhr wurde die Vernissage von Klaus Taschler im Gespräch mit Lea Böttinger und Timon Virag eröffnet. Die ausgestellten Bilder wurden auch in der Dunkelkammer vergrößert – ein Verfahren, bei dem die Negative mittels eines Lichtprojektors auf lichtempfindliches Fotopapier projiziert werden und wie bei der Entwicklung durch bestimmte Chemikalien Unikate entstehen. Bei der Vernissage waren die Fotografien hinter leicht durchscheinenden Vorhängen verborgen und wurden erst nach einem Einblick in unsere Prozesse und Motivationen vor großem Publikum enthüllt. Ingrid Wagner hat in diesem Projekt einen besonders berührenden und persönlichen Zugang zur Fotografie gefunden, auf den sie nun näher eingehen wird.

Mein Teil (Ingrid) der Ausstellung beschäftigte sich mit dem Thema „Demenz“, das viele von uns direkt oder indirekt betrifft. Mit meiner analogen Kamera begleite ich seit einigen Monaten meinen Vater, der mit ebendieser Krankheit zu kämpfen hat. Demenz ist nicht nur eine Erkrankung des Geistes, sondern auch der Wahrnehmung und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Jedes Bild war ein Versuch, die innere Welt meines Vaters einzufangen. Diese Fotografien sollten mehr sein als eine Dokumentation – sie sollten die ständigen Störungen im Alltag und die emotionalen Wellen, die diese Krankheit auslöst, sichtbar machen. Jeder Moment, den ich mit meinem Vater und seiner Demenz erlebte, war ein Balanceakt zwischen Verlust und Erinnerung, Nähe und Distanz. Ich war sehr überrascht über die positiven Reaktionen der Menschen, die die Ausstellung besuchten. Viele wollten meine Beweggründe zu dem Thema und der Geschichte dahinter wissen. Diese sind ganz einfach: Weil es jeden von uns treffen kann. Außerdem ist das Festhalten der Erinnerungen in bedeutsamen Bildern für mich und meine Familie ein langsamer Abschied von meinem Vater geworden. Diese Ausstellung hat mir den Mut gegeben, weiterzumachen und ich bin Klaus Taschler und Roland Schwab sehr dankbar für die Betreuung und Unterstützung während des Projektes.

Alle, die an der Ausstellung in der Tummelplatzgalerie teilgenommen haben, waren absolut begeistert von der Möglichkeit auszustellen und diese Erfahrung machen zu dürfen – mit dem Ausmaß des Projekts hatten wir anfangs gar nicht gerechnet. Interessant war auch, wie Hanna Reisinger schön beschrieben hat, dass man die ungefilterte Meinung von den Besucher:innen zu den eigenen Arbeiten hören konnte. Man konnte unbemerkt dabeistehen und die Gespräche miterleben, was wiederum neue Perspektiven auf die eigenen Fotografien eröffnete. Dabei merkt man, dass die eigentliche Kunst des Fotografierens erst bei den Betrachter:innen beginnt. Mit diesen Worten möchten wir abschließend dazu einladen, ebenfalls besondere Momente festzuhalten und die Magie der analogen Fotografie wieder aufleben zu lassen!

CREDITS:

Text von Timon Virag, Ingrid Wagner

Foto 1-2: Ingrid Wagner

Foto 3-6 & Titelfoto: Arnold Walter

Foto 7-13: Sophie Ganglberger